Sogenannten Startrail-Fotos sind am beeindruckendsten als konzentrische Kreise um den Polarstern.
Der Polarstern hat nämlich die Besonderheit, direkt im Norden zu stehen. Unsere Erdachse zeigt also direkt auf diesen Stern, so dass er von der Erde aus in einer Nacht immer an der gleichen Stelle zu sehen ist. Alle anderen Sterne wandern im Laufe der Nacht über den Himmel bzw. um den Polarstern herum. Zumindest sieht es für uns so aus. Tatsächlich sind es jedoch nicht die Sterne, welche sich bewegen, sondern wir selber sind es. Diese optische Täuschung resultiert aus der Drehung unserer Erde. In 23 Stunden und 56 Minuten dreht sich diese einmal um sich selber. Wir selber bemerken auf unserem jeweilig festen Standort diese Drehung (zum Glück) nicht haben so den Eindruck, dass sich eben die Sterne drehen. Alle Sterne bis auf diesen einen Polarstern, welcher direkt auf der Drehachse liegt – im Süden gibt es diesen fixen Drehpunkt natürlich auch, nur liegt dort kein Stern.
Der Polarstern wird übrigens nicht auf ewig der Drehpunkt unseres nördlichen Himmels bleiben. Das soll uns aber hier und heute nicht stören 😉
So besonders der Polarstern ist, so unauffällig ist er auch am Himmel. Er ist jedoch mit einem einfachen Trick zu finden: Das Sternbild Großer Wagen (oder Großer Bär, eigentlich große Bärin = Ursa Major) kennt Ihr sicherlich alle. Dessen Sterne sind alle etwa gleich hell und bilden den eindeutigen Umriss eines Handwagens mit Deichsel. Praktischerweise ist dieses Sternbild bei uns in Mitteleuropa immer am Himmel zu finden, es sinkt im Gegensatz zu vielen anderen Sternbildern und Planeten nie unter den Horizont.
Zum Auffinden des Polarsterns müsst Ihr Euch eine Verbindungslinie zwischen den beiden hinteren Sternen, also die hintere Kante des Wagens bzw. Hinterachse denken. Verlängert Ihr diese Linie um etwas das fünffache der Länge der Wagenkante, so landet Ihr direkt bei dem Polarstern – siehe dazu auch die Himmelsgrafik am Ende des Beitrags.
Der Polarstern ist übrigens auch quasi der Handgriff des Kleinen Wagens (oder auch kleiner Bär, Bärin = Ursa Minor).
Und er ist übrigens auch nur deshalb so unauffällig an unserem Firmament, weil er 430 Lichtjahre von uns entfernt ist. In Wirklichkeit strahlt er nämlich 2300 Mal so hell wie unsere Sonne.
Die genaue Position des Großen sowie Kleinen Wagens (Bärs) hängt natürlich auch ab von der Jahreszeit, der Uhrzeit und dem Breitengrad des Beobachters. Entsprechende hilfreiche Apps dazu habe ich Euch HIER zusammengestellt.
Nutzer der App Photopills haben übrigens mit Hilfe des Nacht-AR Modus die Möglichkeit, sich direkt vor Ort die Startrails als hellblaue Linie am Motiv simulieren zu lassen.
Das hier von mir gezeigte Bild ist im Juli in den österreichischen Alpen entstanden. Gegen 23 Uhr habe ich meine Olympus E-M1 Mark III Kamera mit dem 7.5mm Objektiv von Laowa auf einer Wiese – mit freilaufenden Hühnern, welche zum Glück nicht neugierig in der Nacht daran herumgepickt haben – aufgebaut und genau mittig in Richtung des Polarsterns positioniert. Gewählt habe ich ISO 1600, Blende 2 und meinen geliebten 🙂 Live Composite Modus mit einer Basisbelichtungszeit von 20 Sekunden. Die gesamte Live Composite Dauer habe ich, damit die Belichtung ganz sicher vor dem ersten Morgenlicht beendet wird, auf ‚nur‘ drei Stunden gestellt und bin schlafen gegangen.
Am nächsten Morgen bin ich nach dem Aufstehen als allererstes zur Kamera gegangen und habe mir extrem gespannt das Bild auf den Monitor geholt: Perfekte kreisrunde Startrails mit dem Bonus einer doppelten ISS sowie einem kleinen Meteoriten (unterhalb des Polarstern) plus den bewusst mit in die Komposition integrierten Lichtspuren der ÖBB – Check!