C/2020 F3, besser bekannt als Neowise ist sicher DER fotografische wie auch sicher astronomische Hype des Jahres 2020. Nicht nur Astrofotografen und Astronomen, gefühlt jeder hat mindestens einmal den Blick gen Himmel gerichtet auf der Suche nach dem im wahrsten Sinne des Wortes Jahrtausendereignis. Denn erst in ungefähr 7.000 Jahren wird sich der Komet Neowise – benannt übrigens nach der Beobachtungskampagne Neowise, welche den Kometen erst im März diesen Jahres mit dem Weltraumteleskop Wise entdeckt hat – wieder unserer Erde nähern.
Das besondere an Neowise ist, dass man ihn deutlich mit dem bloßen Auge am Himmel sehen kann (mittlerweile konnte) – ich persönlich habe mir den Kometen sogar viel lieber angeschaut und den Anblick genossen als ihn zu fotografieren, aber dazu später mehr. Der letzte mit freiem Auge sichtbare Komet gab seine stellare Stippvisite in 1997 ab: Der Komet Hale-Bopp war der wahrscheinlich am meisten beobachtete Komet des 20. Jahrhunderts und einer der hellsten für mehrere Jahrzehnte. Er war für ungefähr 18 Monate freiäugig zu sehen, allerdings kehrt auch er erst in ungefähr 2.400 Jahren wieder zur Erde zurück.
Der bekannteste Komet jedoch ist wahrscheinlich der Komet Halley, auch Halleyscher Komet und offiziell 1P/Halley genannt. Auch er ist sehr lichtstark und kehrt ungefähr alle 75 Jahre wieder. Da er in 1986 das letzte Mal in Erdnähe kam wurde seine Wiederkehr für das Jahr 2061 berechnet – eine Motivation für mich mindestens 93 Jahre alt zu werden 🙂
Komet, Asteroid und Meteorit
An dieser Stelle muss ich übrigens noch ein wenig „Klugscheisser-Wissen“ loswerden. Alle die sich nicht dafür, also für den Unterschied zwischen Komet, Asteroid und Meteorit interessieren bitte ich gleich zum nächsten Absatz zu scrollen 😉
Eigentlich sind Kometen und Asteroiden gescheiterte Planeten. Sternenstaub, der es während der Entstehung unseres Sonnensystems vor rund 4,6 Milliarden Jahren nicht zu Planeten, sondern nur zu kleinen Stein- und Eisklumpen gebracht hat.
Als Asteroid bezeichnet man die Himmelskörper, die sich in einer ähnlichen Umlaufbahn wie die Erde gebildet haben, sie werden manchmal auch Kleinplaneten oder Planetoiden genannt.
Kometen stammen von weiter außerhalb unseres Sonnensystems. Im Gegensatz zu den Asteroiden bestehen sie nicht aus festen Materialien, sondern aus Staub, Wasser und weiteren flüchtigen Substanzen. Weit entfernt im All sind diese Substanzen gefroren und tauen erst in der Nähe unserer Sonne langsam auf. Und bilden die sogenannte „Koma“, eine „Blase“ um den Himmelskörper, welche dem Kometen auch seinen Namen verleiht und dann den typischen Schweif bildet.
Neowise verfügt dabei über zwei Schweife: einen für das bloße Auge gut sichtbaren aus Staub sowie einen weiteren deutlich weniger wahrnehmbaren aus gasförmigem Natrium.
Meteoriten sind die kleinsten Objekte, von wenigen Zentimeter bis ein paar Meter. Wobei die Grenze zu einem Asteroiden nicht genau definiert ist. Solange Sie sich noch im Weltall befinden, heißen sie übrigens noch Meteoroiden. Erst mit dem Eintritt in die Erdatmosphäre werden sie zum Meteor. Durch die Reibung in der Hochatmosphäre und die dabei entstehenden extremen Temperaturen verglühen die Meteore und werden als Sternschnuppe sichtbar. Verglüht ein Meteor dabei nicht vollständig und kommt auf der Erde auf, so nennt man diesen Rest dann Meteorit.
Meine fotografische Neowise-Odyssee
Zurück zu den Kometen bzw. speziell zu dem Kometen Neowise. Ich muss gestehen, dass ich mit den meisten Neowise Bildern wenig anfangen kann. Da ist ein heller Klecks am Himmel, nett, ein Komet, aber irgendwie ohne Bezug. Trotzdem wollte ich natürlich auch, zumindest ein eigenes Foto nach dem Motto „muss ich haben“ machen.
Was sich als gar nicht so einfach wie gedacht herausstellen sollte. Am ersten Tag seiner Sichtbarkeit hatte ich mir extra den Wecker auf 3:00 Uhr morgens gestellt – mit dem Erfolg, dass es mächtig geschüttet hat.
Drei Stunden später sind wir dann in den Familienurlaub in die österreichischen Alpen gefahren. Definitiv eine tolle Gegend mit einem tollen Sternenhimmel, nur leider ohne Sicht auf Neowise. Dieser steigt nämlich nie sehr weit über den Horizont hinaus, so dass ich absolut keine fotografische Chance hatte aufgrund der umliegenden hohen Berge.
Wieder zurück zu Hause hatte es dann eigentlich nie wirklich schlechtes Wetter, aber trotzdem jeden Abend eine mehr oder weniger dichte Wolkendecke, grmpf.
Erst am 21.6., zwei Tage vor Neowise mit ca. 100 Mio km größter Annäherung an unsere Erde – der Schweif war mittlerweile auf ungefähr 21.000 km Länge angewachsen, der Komet selber wird auf 5 km geschätzt – passte endlich das Wetter mit wolkenfreiem Himmel. Ich bin also gegen 22:00 Uhr raus an meinen astronomischen Beobachtungsstandort und habe Neowise gegen 23:00 Uhr endlich mit bloßem Auge direkt unter dem großen Wagen entdeckt. Aufgrund seiner wieder zunehmenden Entfernung von der Sonne war er nicht mehr so deutlich zu erkennen wie wahrscheinlich ein paar Tage zuvor, aber trotz Lichtverschmutzung hier im Ballungszentrum Frankfurt eindeutig am Himmel auszumachen. Auf dem Foto ist er natürlich noch viel besser zu erkennen.
Kometenfotografie
Apropos Foto, bei der Kometenfotografie, wie eigentlich immer bei der Himmelsfotografie, zählen: Licht, Licht und nochmals Licht. Heißt offene Blende, hohe ISO-Werte und eine Belichtungszeit, mit der Komet und Sterne noch knackig scharf abgebildet werden, siehe dazu folgende Formel HIER.
Das Foto ist ganz brauchbar mit dem beleuchteten Herzberg und inmitten funkelnder Sterne. Also Bild gemacht = Check, löst aber definitiv keinen persönliche Begeisterungssturm aus.
Weltuntergang und Composing
Wie bereits geschrieben, mir fehlt da einfach der Bezug. Lange habe ich dazu gebrütet, was ich denn mit einem Kometen verbinde? Zuerst sind mir dazu Bethlehem und die heiligen drei Könige eingefallen. Also Komet mit Kirche? Hm, nicht wirklich überzeugend. Außerdem muss ich bei dem Begriff Komet noch mehr an große Meteoriten, Asteroiden denken, an einen Einschlag auf der Erde: Zerstörung, Feuer, Auslöschung der Dinosaurier, das pure Armageddon.
Tatsächlich galten Kometen lange als schlechte Omen und wurden mit viel weniger Begeisterung aufgenommen als heute. Sie galten als Zeichen Gottes, welches Kriege oder gar den Weltuntergang ankündigten. Ein Komet war Drohung, Menetekel und Aufforderung zur Umkehr.
Also Weltuntergang, prima, genau mein Thema 🙂 Als erstes habe ich mir ein Bild „Komet über Vulkan“ überlegt und ausprobiert, so richtig perfekt war das aber immer noch nicht. Und dann ist mir das Tor zur Hölle eingefallen, der Gaskrater von Derweze, welchen ich im Herbst 2019 besucht habe. Die Hölle, mehr Armageddon geht ja wohl nicht, ideal!
Leider ist das Reisen derzeit schwierig bis unmöglich. Plus, mehrere Tausend Euro für ein einziges Bild ausgeben? Insofern habe ich ausnahmsweise ein Composing erlaubt. Mit einem an dieser Stelle großes Dankeschön an Olaf Schieche, der mir während meiner „dunklen Alpenzeit“ eine Detailaufnahme von Neowise aufgenommen und für meine Bildideen zur Verfügung gestellt hat.
Also ab ging ich ins Photoshop-Land, Tor zur Hölle sowie Neowise-Bild auf zwei Ebenen gelegt und via „aufhellen“ gemischt – et voila, so und nicht anders muss (m)ein Neowise Foto ausschauen.