Union Glacier
Von der Runway werden wir in einem coolen polartauglichen Truck mit riesigen Ballonreifen in das knapp acht Kilometer entfernte Union Glacier Basecamp gebracht.
Schon die Fahrt dort hin bringt die erste Überraschung. Entlang der gespurten Straße sehen wir einen Weihnachtsbaum, Gartenzwerge sowie ein Stoppschild für vorrangigen Flugverkehr, interessant.
Bei der Ankunft bzw. Einweisung im Camp folgt dann die zweite Überraschung. Ich scheine ein völlig falsches Bild von dem Leben in der Antarktis zu haben. Meine Erwartung ist ein einfaches karges Camp mit vielen Entbehrungen. Aber fast das Gegenteil ist der Fall, das von der amerikanischen ALE betriebene Camp kann schon fast als luxuriös bezeichnet werden. Mit abschließbare Toiletten, einer sogenannten ComBox für Telefonate, einem Arztzelt, einem Shop, heißen Duschen, einem Volleyballnetz sowie erstaunlich großen Zwei-Personen-Zelten mit Neoprenboden und Bettgestell.
Und zwei große Aufenthaltszelte, in denen mich Überraschung Nummer Drei erwartet. Das aufgebaute Lunch-Buffet lässt keine Wünsche an Auswahl, Geschmack und Menge offen. Dazu werden die verschiedensten auch alkoholischen Getränke sowie Nüsse, Kekse, Schokolade und weitere Knabbereien angeboten. Fast schon ein kulinarisches Paradies! Und ich frage mich, wieso ich im Rahmen der Vorbereitung unter größter Anstrengung knapp drei Kilogramm als Fettreserve zugenommen habe?
In diesen Zelten werden wir viele Stunden verbringen. Denn die wichtigste Antarktis Regel lautet: Pläne ändern sich. Meist kommt noch nicht einmal Plan B, sondern Plan C oder D zum tragen. Hintergrund sind die häufigen und heftigen Wetterwechsel.
Auch wir müssen warten, und zwar auf ein passendes Wetterfenster am Mount Sidley. Unser Flugzeug wird dort nur bei guter Sicht und Sonnenschein für ausreichend Kontraste einen Landeplatz finden können. Und im Moment stürmt es dort mit einer vagen Aussicht auf Besserung innerhalb der nächsten Stunden.
Aber das Warten stellt sich als sehr unterhaltsam heraus. Zum einen lerne ich viel über das Union Glacier Camp an sich. Die jährliche Saison beginnt im November und endet Anfang Februar. Das komplette Camp wird dabei jedes Mal vollständig ab- bzw. wieder aufgebaut, da es den antarktischen Winter nicht überstehen würde. Daher steht jedes Gebäude, jede Einrichtung auf großen Ski zwecks maximaler Mobilität.
Das Camp ist die Drehscheibe für jede Art von Antarktis Tourismus: Pinguine, Besteigung des nur knapp eine Flugstunde entfernten höchsten Berges der Antarktis dem Mount Vinson, Flüge zum Südpol sowie der sogenannte „Last Degree“ was die Begehung des letzten Breitengrades zum Südpol auf Ski meint. Und, was mich am meisten fasziniert, es ist von Union Glacier aus sogar möglich, in drei bis vier Tagen mit dem Pickup zum Südpol zu fahren. Unglaublich!
Zum anderen lernen ich viele interessante Leute kennen. Eine sehr lustige Gemeinschaft an Bergsteigern und Abenteurern. Viele darunter, welche wie ich hier ihren Traum leben, einige haben dafür sogar Job und lange Erspartes geopfert. Genug Stoff für lange Gespräche und reisende Geschichten ist also gegeben. Höhepunkt der lustigen Runden ist ein internationales Scrabble Spiel bei dem deutsche wie auch englische Wörter erlaubt sind, Spaß pur.
Aber natürlich hocken wir nicht nur im Zelt. Wir unternehmen viele Spaziergänge mit fantastischen Blicken auf die umliegenden Ellsworth Mountains. Wir nutzen die angebotenen schneetauglichen Mountainbikes. Oder schauen einfach nur den kleinen Propellermaschinen Typ Twin Otter oder Basler beim Starten und Landen zu.
Alles zusammen macht Union Glacier zu einem einzigartigen Ort auf unserem Planeten mit einer ganz eigenen Atmosphäre. Ich kann sehr gut verstehen, was die Mitarbeiter von ALE bewegt, hier drei Monate im Jahr leben und arbeiten zu wollen.
-> demnächst weiterlesen (Ausrüstung)
Galerie
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