Schon als Kind habe ich Gewitter geliebt. Ich erinnere mich dabei noch lebhaft an unsere Sommerurlaube am Caldonazzo See in Norditalien. Fast täglich entlud sich die schwüle Hitze in heftigste Gewitter mit einzigartigen „Licht- und Soundeffekten“ und anschließender angenehmer Kühle. Geschützt unter einem Dach stehend habe ich mich immer wieder über die frische Regenluft gefreut und das naturgewaltige Schauspiel genossen.
Auch heute stürme (beim vierten Korrekturlesen ist mir aufgefallen, dass das ja fast ein Wortwitz ist 🙂 ) ich bei einem Donnergrollen immer noch begeistert auf unsere Terrasse. Und wenig genieße ich mehr, als in der Nacht in meinem Bett zu liegen, während, von explodierenden Donnern und aufflackernden Bitzen begleitete Regenschauer auf mein Fenster prasseln.
Fast genauso genieße ich es als Fotograf aber natürlich auch, wenn sich diese Naturgewalten vor meiner Kamera entfesseln, wie z.B. auf meiner ersten Stormchasing Tour im letzten Jahr in den Great Plains im Mittleren Westen der USA.
Normalerweise habe ich dabei den Anspruch, meine Bilder in einer einzigen Aufnahme zu belichten (wie z.b. HIER bzw. mehr zur allgemeinen Fotografie von Blitzen HIER), so dass dieses Foto hier eine wirkliche Ausnahme für mich darstellt. Und auch eher zufällig entstanden ist.
Nach einem erfolgreichen Chasingtag in den USA sind wir bei Dunkelheit durch die abflauenden Gewitter zurück zu unserem Motel gefahren. Dabei habe ich, eigentlich mehr aus Langeweile, mit meiner Kamera aus dem Seitenfenster (nein, ich war nicht der Fahrer 😉 ) gefilmt. Beim Betrachten zu Hause habe ich gemerkt, dass ich zufällig ein paar wirklich feine Blitze erwischt habe.
In Adobe Lightroom habe ich daher diese einzelnen Blitze aus dem 4k Video als Einzelbilder extrahiert (wie das geht erkläre ich HIER auf Englisch). Allerdings ist der Himmel aufgrund der Filmerei bei Dunkelheit jeweils ziemlich verrauscht bzw. hat es teilweise ziemlich viele störende Regentropfen auf der Fensterscheibe. Daher habe ich in der Bildbearbeitung die Belichtung deutlich reduziert sowie den Schwarzanteil soweit erhöht, bis jeweils quasi nur noch der Blitz zu sehen war. Aber genau diese fantastischen Blitzstrukturen wollte ich ja auch zeigen.
Bei der Bearbeitung ist mir aufgefallen, dass zwei Blitze von der Größe, Position und Struktur her perfekt zueinander passen. Und habe mir gedacht „o.k., na gut, Prinzipienreiterei nützt niemandem“ und mich daher erstmals an einem externen Composing versucht. Dabei habe ich auf dem Mac die einfach zu bedienende und fast selbsterklärende App „Pixelmator“ genutzt: Bilder auf zwei Ebenen kopiert, die Blitze ausgerichtet, den einen Blitz ein wenig nach links geschoben, den Überblendmodus auf ‚Aufhellen’ gestellt und fertig war das Blitzgewitter.
Wobei, so ganz fertig noch nicht. Es hat mir irgendwie doch die Struktur im Himmel gefehlt. Zum Glück habe ich dann noch einen Frame mit einem kleinen Wolkenblitz und einer, mit ein wenig Bearbeitung, technisch brauchbaren Wolkenstruktur entdeckt. Dieses Bild habe ich noch hinter die beiden Erdblitze gelegt und somit deutlich mehr „Leben“ in das Composing bekommen.
Prima, aber dann habe ich mir gedacht, wenn schon Composing, dann richtig 🙂 Praktischerweise hatte ich gerade eine richtig coole Mondsichel zum Sonnenuntergang aufgenommen, die einfach perfekt zu der gewittrigen Lichtstimmung passt. Sieht zwar vielleicht ein wenig künstlich aus, aber bei einem Composing ist das ja auch erlaubt finde ich.
Hat auf jeden Fall eindeutig was das Bild! Also zumindest mir gefällt es, und das ist ja auch die Hauptsache 😉
Achja, bevor hier wieder jemand anfängt zu motzen 😉 Ich habe überhaupt nichts gegen ein Composing am Rechner. Ich habe nur einfach selber den Anspruch sowie Spaß daran mir technische Lösungen für ein einziges Olympus Live Composite Bild auszudenken (wie z.B. in meiner Aufnahme von einem Sonnenuntergang mit Startrails). Wichtig ist es mir nur, dass Composings (ob nun intern oder extern) eindeutig gekennzeichnet und nicht für etwas ausgegeben werden, was sie nicht sind.